Kohlhaas Orgel 002

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07.10.2011 - In der Orgelwerkstatt Rainer Müller in Merxheim an der Nahe

Nicht schlecht staunten die Besucher aus Rheinhessen, als sie kürzlich die Orgelwerkstatt Rainer Müller in Merxheim an der Nahe besuchten. Da stand ihre Orgel mit neuen noch schutzverpackten Pfeifen äußerlich schon fast fertig in der großen Werkshalle. „Ein überwältigender Eindruck“, meinte die mitgereiste Landtagsabgeordnete Dorothea Schäfer und „Die Orgel klingt ja schon, ohne dass ein Ton zu hören ist“ ergänzte der Ehrenpräsident der Christian-Heinrich-Rinck-Gesellschaft Pfarrer i.R. Klaus Scheuermann, der ebenfalls nach Merxheim gekommen war. Orgelbaumeister Rainer Müller erläuterte kompetent die bereits erfolgten Arbeiten an dem 250 Jahre alten Instrument: Die etwa 150 neuen Prospektpfeifen sind aus 75 %-igem Zinn gefertigt. Die ursprünglichen hatte die Gemeinde schon während des ersten Weltkrieges abliefern müssen. Die Schleierbretter - geschnitzte Holzverzierungen über den Pfeifenmündungen – wurden gereinigt und ergänzt. Das komplette Gehäuse haben die Orgelbauer konsequent und kompromisslos restauriert und so wieder hergestellt, wie es der Erbauer der Orgel Johannes Kohlhaas, der Jüngere gefertigt hatte. Dabei hat man alles, was zu erhalten war, konserviert und originalgetreu ergänzt. Die Spielanlage war vor etwa 40 Jahren umfassend erneuert worden, ohne auf historische Vorgaben zu achten. Daher mussten die Orgelbauer nach Orgeln suchen, die Mitte des 18. Jahrhunderts in der Mainzer Region entstanden sind, um Anhaltspunkte für die Wiederherstellungsarbeiten zu finden. Weiterhin kam hinzu, dass man Mitte des 18. Jahrhunderts plötzlich nicht mehr die finanziellen Mittel hatte, um ein zweimanualiges Werk zu realisieren. Kohlhass konnte dann nur noch ein Manual einbauen, obwohl er zwei konzipiert hatte. Folglich wird das Instrument künftig zwei Manuale besitzen. Die Pedalklaviatur wird entsprechend den Platzverhältnissen an der Spielanlage bis zum Ton c1 erweitert. Dabei wird die Originalwindlade beibehalten und beidseitig ergänzt. Um dem Pedal die nötige Kraft zu verleihen, ist eine weitere Ergänzungslade für die Posaune 16' nötig. Auch diese ist in der gleichen Machart gebaut wie die historischen Laden. Die rekonstruierten Metallpfeifen haben wie die Originale noch Lötfarbe an den Nähten und passen sich daher gut in das Gesamtensemble ein.

An den alten Pedalpfeifen war der Holzwurmbefall besonders groß. Hier hat man nicht einfach neue Pfeifen gebaut, sondern hat alles erhalten, was noch erhaltenswert schien und nur die defekten Teile durch neue Holzstücke ersetzt; eine recht langwierige und mühevolle Arbeit, wie Restaurator Alexander Bükki erläuterte. Als Abzugsdichtungen an den Windladen wurden wie bei der Erbauung dünne Beinscheiben mit Löchern, die nicht viel größer als die Abzugsdrähte sind, eingesetzt; dadurch entsteht kaum Windverlust.

Die Arbeiten liegen voll im Zeitplan, sodass die Aufbauarbeiten in der Großwinternheimer Kirche pünktlich zu Beginn 2012 anlaufen können. Inzwischen ist auch die Statik der Empore überprüft. Weitere Stabilisierungsarbeiten sind hier nicht nötig. Der zuständige Orgelsachverständige Dr. Hajo Stenger bekundete seine volle Zustimmung zu den bislang ausgeführten Restaurierungsmaßnahmen und ist sich sicher, dass Großwinternheim im September 2012 ein konsequent restauriertes, technisch und klanglich hervorragendes Meisterwerk in ihrer Kirche stehen haben wird.

Abschließend fuhr die Besuchergruppe in die Matthiaskirche nach Bad Sobernheim. Die dortige Stummorgel von 1739 hatte ebenfalls die Werkstatt Müller zwischen 2003 und 2005 restauriert und ist etwa so groß wie die Kohlhaasorgel, sodass die Gäste auch einen klanglichen Eindruck von ihrer künftigen Orgel mitnehmen konnten.

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